27.09.2025 - 29.11.2025 | Edition September 2025

Annamarie Ho «|||||||||||»

Die Ausstellung «|||||||||||» zeigt die gleichnamige neue Edition von Annamarie Ho, eine Serie von drei farbintensiven Siebdrucken, die sich im Spannungsfeld zwischen Branding-Ästhetik und Abstraktion bewegen.

Annamarie Ho interessiert sich für die westliche Konsumkultur und dafür, wie kapitalistische Werte und Mechanismen unseren Alltag prägen. Seit 2018 setzt sie sich mit der Welt der Formel 1 auseinander und untersucht den Einfluss von Sponsoring-Partnerschaften auf die visuelle Erscheinung des Automobilsports und der einzelnen Rennställe. Die aktuelle Edition «|||||||||||» spiegelt die enge Verbindung zwischen der Formel 1 und der Tabakindustrie wider, die in den späten 1960er-Jahren entstand. Bis dahin bestimmten die Herkunftsländer der Konstrukteure die Farben der Rennställe: das «British Racing Green», das «Bleu de France» oder das italienische «Rosso Corsa», das heute noch von Ferrari verwendet wird. 1968 gab das Team Lotus als erstes die nationalen Rennfarben auf und übernahm stattdessen die Farben Rot, Weiss und Gold der Gold Leaf Zigaretten. Dies signalisierte den Einzug kommerzieller Sponsoren in die Formel 1 und markierte einen entscheidenden Wandel in ihrer visuellen Identität. In den folgenden Jahrzehnten verankerte sich die Tabakindustrie tief in der Formel 1 und ermöglichte deren Entwicklung zum hochmediatisierten globalen Unternehmen.

Als sich in den 1990er-Jahren Kampagnen gegen Zigarettenwerbung verbreiteten, fanden die Teams kreative Lösungen, um das Branding ihrer Sponsoren implizit beizubehalten. Ein einprägsames Beispiel war der Slogan der Marke Benson & Hedges «Be on Edge», der plötzlich auf den schwarz-gelben Jordan-Fahrzeugen zu lesen war. 2006 wurde Tabakwerbung in der   Formel 1 unter dem Druck der Europäischen Union gänzlich verboten. Nichtsdestotrotz wurde die Beziehung zwischen Ferrari und Marlboro fortgesetzt und bald tauchte auf den roten Autos eine barcodeähnliche Grafik auf: ein visuelles Spiel mit dem Logo der Zigarettenmarke, als würde es mit hoher Geschwindigkeit vorbeifahren. Der Barcode sorgte wegen der unterschwelligen Werbung für Polemik und verschwand schliesslich im Jahr 2010. Für die Edition «|||||||||||» hat Annamarie Ho diese Grafik angeeignet und als Siebdruck auf satiniertem Papier gedruckt. Nach dem gleichen Abstraktionsprinzip hat die Künstlerin zwei weitere Motive für die Marken Camel und Mild Seven entwickelt. Durch ihren rationalen Aufbau strahlen die Bilder eine sachliche Kälte aus, die durch die intensiven Farben und den dynamischen Rhythmus der Vertikalen gebrochen wird. So erscheinen die Werke trotz ihrer strikten Ästhetik lebhaft und expressiv.


Installationsansicht «|||||||||||» von Annamarie Ho in der Edition VFO, Foto: Bernhard Strauss 

Appropriation und Dekontextualisierung sind zentrale Strategien im Schaffen von Annamarie Ho, das Videoarbeiten, Wandobjekte aus Ton und Keramik sowie grossformatige Leinwände umfasst. Im Fokus steht stets die Frage, wie kapitalistische Ideologien Identität, soziale Interaktionen und ästhetische Wertvorstellungen prägen. Dabei greift sie Elemente der visuellen Designkultur auf und transformiert sie in eigenständige künstlerische Formen.

Annamarie Ho (*1980 in San Diego, California) lebt und arbeitet in Zürich und Milan. Sie hat den Master of Fine Arts in Digital + Media an der Rhode Island School of Design absolviert und an der University of California in Berkeley Ingenieurwissenschaft studiert. Sie erhielt verschiedene Stipendien und Auszeichnungen, darunter den Freiraumbeitrag des Kantons Zürich (2023) und das Arbeitsstipendium der Stadt Zürich (2021). Ihre Werke wurden unter anderem in der Kunsthalle 8000 in Wädenswil (2024) und in der Kunsthal Charlottenborg in Copenhagen (2020) gezeigt.

Die Produktion dieser Arbeiten wurde durch die Fachstelle Kunstsammlung des Kantons Zürich ermöglicht.