Thi My Lien Nguyen

*1995 St. Gallen, lebt und arbeitet in Winterthur

https://myliennguyen.ch/

Februar 2025

  1. Untitled (compassion), 2024
    Untitled (compassion), 2024 Archivalischer Pigmentdruck auf Canson Arches 310g, Pigmenttinte auf farbigem Passepartout
    Auflage: 12
    Bildgröße: 29,70 x 21,00 cm
    Blattgröße: 29,70 x 21,00 cm
    Produktion: Thi My Lien Nguyen Studio, Winterthur & Gautschi Editions Aarau
    CHF 800.00

In ihrer Kunstpraxis setzt sich Thi My Lien Nguyen mit komplexen soziokulturellen Themen wie Migration, Zugehörigkeit und Identität auseinander. Sie beschäftigt sich häufig mit Fragen der Inklusion und untersucht durch partizipative Formate die Art und Weise, wie wir zusammenleben, welche Räume wir schaffen, für wen und warum. In ihrer Edition «Untitled (compassion)» kombiniert die Künstlerin zwei analoge Fotografien, farbige Passepartouts mit passenden Rahmen und ein Gedicht zu einer harmonischen Einheit. Der Titel des Werkes wie auch die im Gedicht erwähnten «tausend Hände» und «tausend Augen» beziehen sich auf die buddhistische Bodhisattva Guanyin, die als Göttin des Mitgefühls verehrt wird.

Das zweiteilige Werk ist im Herbst 2024 während einer Artist Residency in London entstanden. In der englischen Metropole begegnete die Künstlerin den abgebildeten Bananen und Mangostanfrüchten, die sie aus Reisen nach Südostasien kennt und in ihr eine gewisse Sehnsucht weckten. Die Verfügbarkeit dieser exotischen Früchte spiegelt die globalisierte Gesellschaft, in der wir leben, wider. Sie unterstreicht auch die Wichtigkeit von Lebensmitteln für Gemeinschaften, die in der Fremde leben: Über das Essen lässt sich ein direkter Bezug zur Heimat herstellen und so auch die eigene kulturelle Identität bewahren. Importierte Produkte – insbesondere frisches Obst – schmecken jedoch nie ganz wie im Ursprungsland. Zwischen Vorstellung und Wirklichkeit klafft eine Lücke, die Fragen nach Authentizität aufwirft und die Sehnsucht nach Heimat noch verstärkt.

Auf den Fotografien werden die Früchte wie wertvolle Gaben von graziösen Händen präsentiert. Die Passepartouts in zarten Pastellfarben und die zierliche Handschrift unterstreichen den feinen Charakter des Diptychons. Bereits in der fünfteiligen Arbeit «No Explanation Needed» (2023) nutzte Nguyen das Passepartout als gestalterisches Bildelement. Indem sie farbigen Karton verwendet und den Bildausschnitt aus dem Zentrum rückt, bricht sie mit etablierten Konventionen und eignet sich diese klassische Präsentationsform für Fotografien und Arbeiten auf Papier an. Dadurch reflektiert sie auch, inwiefern sie von ihrer akademischen Kunstausbildung und dem in Museen dominierenden Kanon geprägt ist. Das Passepartout dient der Künstlerin zudem als Schreibfläche für ihr Gedicht, in dem sie sich auf den Begriff der Heimat bezieht.

Thi My Lien Nguyen arbeitet mit Traditionen, Ritualen, Folklore, Fotografie und Essen. Sie hat 2017 den Bachelor in Camera Arts an der HSLU in Luzern abgeschlossen. Im Jahr 2020 hat sie den «Mili’s Supperclub» gegründet und organisiert seither regelmässig partizipative kulinarische Anlässe. Seit 2023 wirkt Nguyen im kuratorischen Team von Les Complices*, einem unabhängigen feministischen Kunstraum in Zürich. Ihre Werke wurden unter anderem an der 22. Biennial Sesc_Videobrasil in São Paulo (2023), im Museum Haus Konstruktiv in Zürich (2023) und bei Coalmine in Winterthur (2022) gezeigt.

Die Produktion dieser Edition wurde durch die Unterstützung des Amts für Kultur des Kantons St. Gallen ermöglicht.

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