11.05.2023 - 30.09.2023 | 75 Jahre Edition VFO

«Maria Pomiansky - Kunstorte im Wandel» bei Tableau Zurich

Maria Pomiansky hat sich mit ihren lebhaften Darstellungen des urbanen Raumes und des Kunstmilieus einen Namen gemacht. Im Rahmen ihrer Ausstellung bei Tableau Zurich hat Pomiansky sieben Zürcher Kunstorte im Wandel der Zeit porträtiert. Die Gegenüberstellung von «früher» und «heute» regt zum Nachdenken an: über die Beziehung zwischen Kunst und Architektur, über den Raum, der Kunst in städtischen Zentren zugesprochen wird, sowie über Stadtentwicklung im Allgemeinen.

Maria Pomianskys Auswahl und Interpretationen erzählen verwobene Geschichten und Anekdoten und beleuchten die fortwährende Veränderung von Zürichs vielseitiger Kunstlandschaft. Die Künstlerin hat zu allen dargestellten Orten einen persönlichen Bezug: Edition VFO, Haus Konstruktiv, Helmhaus Zürich, Kunsthaus Zürich und Perla-Mode sind Räume, in denen sie ausgestellt hat. Die Steindruckerei Wolfensberger und ihr Atelier sind hingegen Orte des Schaffens.

Die Ausstellung wurde von Valérie Hashimoto, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Edition VFO, im Rahmen des 75-jährigen Jubiläums des Kunstvereins kuratiert. Parallel werden ab Ende Mai die Zeichnungen, auf denen die Werke bei Tableau Zurich basieren, in den Räumlichkeiten der Edition VFO präsentiert. Zur Ausstellung erscheint ein Künstlerinnenbuch, das bei der Edition VFO erhältlich ist.

Ausstellungsansicht, Maria Pomiansky, Tableau Zurich, Stadelhofer Passagen Zürich; Foto: Marcus Kraft

Atelier der Künstlerin

Maria Pomiansky wurde 1971 in Moskau geboren und lebt nach Aufenthalten in Israel seit 2003 in Zürich. Seit 2018 interessiert sie sich für Ateliers als Ort der Kreativität zwischen Privatsphäre und Öffentlichkeit. Zwischen 2021 und 2022 hat Pomiansky verschiedene Künstler:innen in ihren Ateliers besucht und porträtiert. Die daraus resultierende Zeichnungsreihe wurde 2022 an der Werkschau im Haus Konstruktiv gezeigt.

Auf der Vorderseite (links) zeigt die Künstlerin einen Einblick in ihr Atelier an der Flüelastrasse 30, wo sie zwischen 2017 und Anfang 2023 eingemietet war. Das mehrstöckige Haus beheimatete viele Ateliers, die 2023 aufgelöst wurden, weil das Gebäude abgerissen wird. Die Rückseite (rechts) zeigt Pomianskys Umzugskarton vor dem Atelierhaus. Zwar hat die Künstlerin einen befristeten Atelierplatz beim Schaffhauserplatz gefunden, doch macht sie mit diesem Bild auf die prekäre Situation von Künstler:innen aufmerksam, im Hinblick auf bezahlbare und langfristig mietbare Atelierplätze in Zürich.

Edition VFO

Die Edition VFO (Verein für Originalgraphik) ist ein Kunstverein zur Förderung und Vermittlung zeitgenössischer Druckgrafik, der 1948 in Zürich gegründet wurde. Im Jahr 2019 lud die Edition VFO Maria Pomiansky zu einem Druckworkshop in der Steindruckerei Wolfensberger ein, um erstmals mit dem Verfahren der Lithografie zu arbeiten. Daraus erfolgte eine Serie von fünf Lithografien, die unterschiedliche Orte der Limmatstadt darstellen, unter anderem die Hardbrücke und die Kunsthalle Zürich.

Auf der Vorderseite (links) ist der Innenhof der Edition VFO an der Verena-Conzett-Strasse 7 abgebildet. Im ehemaligen Gebäude des zum Zürcher Verlag Conzett & Huber (Du Zeitschrift) gehörenden Manesse-Verlags hatte der Verein von 1983 bis 2022 Räumlichkeiten mit Ausstellungsräumen, Büros und Lager. Die Rückseite (rechts) zeigt die Fassade des Löwenbräukunst-Areals an der Limmatstrasse 268. Im ersten Stock der ehemaligen Brauerei bezog die Edition VFO im Herbst 2022 ihre aktuellen Räume.

Haus Konstruktiv

Das «Haus für konstruktive und konkrete Kunst» wurde 1987 gegründet und wird von der Stiftung für konstruktive, konkrete und konzeptuelle Kunst getragen, die ein Jahr zuvor von Persönlichkeiten aus dem Umfeld der Zürcher Bewegung der konstruktiven und konkreten Kunst ins Leben gerufen wurde. Im Jahr 2022 war Maria Pomiansky an der «Werkschau» beteiligt, die jährlich von der Fachstelle Kultur des Kantons Zürich organisiert und seit 2015 im Haus Konstruktiv präsentiert wird.

Auf der Vorderseite (links) zeigt Maria Pomiansky den ehemaligen Standort des Museums Haus Konstruktiv im Zürcher Seefeld. Von seiner Gründung bis 2001 war die Institution im heutigen Gebäude des Nord Amerika Native Museums (NONAM) beheimatet. Pomiansky hat eine erfundene Situation mit dem Künstler Olivier Mosset dargestellt, wie er Gemälde ins Museum bringt. Die Rückseite (rechts) zeigt den aktuellen Standort des Haus Konstruktiv in der ehemaligen Umformerstation des Elektrizitätswerks der Stadt Zürich (EWZ) direkt an der Sihl. Im Jahr 2025 wird das Haus Konstruktiv ins Löwenbräukunst-Areal ziehen, da die ewz das Unterwerk Selnau zu einer Energiezentrale verwandeln wird.

Helmhaus Zürich

Das von der Stadt Zürich geführte Helmhaus Zürich wurde 1988 gegründet und befindet sich seit jeher im gleichnamigen Gebäude nördlich der Wasserkirche am Limmatquai 31. Seit 1942 sind im Gebäude Ausstellungsräume vorhanden, die bereits vor der Museumsgründung zur Präsentation zeitgenössischer Kunst genutzt wurden. 2021 war Maria Pomiansky an der Gruppenausstellung «Wohin? Künstlerische Investigationen» im Helmhaus Zürich beteiligt.

Auf der Vorderseite (links) stellt die Künstlerin eine fiktive Szene aus dem Jahr 1970 dar, die auf dem sogenannten «Zürcher Kunstskandal» im Kontext der Debatte zwischen Verfechtern der abstrakten und der figurativen Kunst basiert. Damals kuratierte Max Bill eine Ausstellung figurativer Malerei im Helmhaus, die von den beteiligten, zum Teil nicht im Voraus informierten Kunstschaffenden als Abwertung rezeptiert wurde. Zu sehen ist der Künstler Varlin, der unter dem Blick seines Freundes Friedrich Dürrenmatt aus Protest seine eigenen Leinwände zerschneidet. Die Rückseite (rechts) zeigt das heutige Treppenhaus des Museums mit einem Werk von Karin Schwarzbeck und dem Werk «Pinkville» des Künstlers Cat Tuong Nguyen. Die Installation mit den pinken Säulen wurde 2013 im Rahmen einer Ausstellung realisiert und prägt seither den Eingangsbereich des Museums.

Kunsthaus Zürich

Die Ursprünge des Kunsthaus Zürich gehen auf die 1787 gegründete Zürcher Künstlergesellschaft zurück. Heute ist die Institution am Heimplatz das grösste Kunstmuseum der Schweiz. 2022 war Maria Pomiansky an der Ausstellung «Take Care: Kunst und Medizin» beteiligt, wo sie eine grossformatige Malerei aus der Serie «Im Labor» präsentierte.

Die Vorderseite (links) zeigt eine Innenansicht des zwischen 1907 und 1910 erbauten Gebäude des Architekten Karl Moser. Zu sehen ist das Treppenhaus mit dem Gemälde «Adam und Eva» (1907) von Augusto Giacometti. Die Rückseite (rechts) ist fast vom gleichen Standpunkt aus gezeichnet, mit dem Blick nach Aussen gewendet. Durch das Fenster sind die 2021 eröffnete Kunsthaus Erweiterung von David Chipperfield sowie die Skulptur mit Lichtinstallation «Tastende Lichter» (2020) von Pipilotti Rist ersichtlich.

Perla-Mode

Das Kunsthaus Perla-Mode wurde 2006 im ehemaligen Textilgeschäft Perla-Mode / Rubinfeld an der Langstrasse 84 eingeweiht. Gründungsmitglieder dieses kollektiv geführten Kunstraumes waren message salon, Nieves, Wartesaal, Zebrakabinett und Galerie Freymond-Guth. Bis zum Abbruch des Gebäudes Anfangs 2015 beheimatete das Perla-Mode Ausstellungen und Events unterschiedlicher Veranstalter:innen. Maria Pomiansky präsentierte 2013 die Einzelausstellung “Glück это глюк” im Rahmen von Esther Eppsteins Kunstprojekt message salon bei Perla-Mode.

Die Vorderseite (links) zeigt eine frontale Ansicht des Eingangs an der Ecke zwischen Langstrasse und Brauerstrasse, mit dem charakteristischen Schild über der Tür. Durch die Vitrine konnten Passant:innen immer reinschauen, was zum Betreten des Raumes einlud und für eine Durchmischung von Menschen aus unterschiedlichen Milieus sorgte. Die Rückseite (rechts) ist genau vom selben Blickwinkel gezeichnet und zeigt die Bar «Wunderbar» im heutigen Neubau. Genau wie die Filiale des Restaurants Hiltl, die davor im Neubau untergebracht war, musste auch die «Wunderbar» nach relativ kurzer Zeit ihre Türen wieder schliessen.

Steindruckerei Wolfensberger

Die Steindruckerei Wolfensberger wurde 1902 als Graphische Anstalt J.E. Wolfensberger AG von Johann Edwin Wolfensberger gegründet und wird heute in der vierten Generation von seinem Urenkel Thomi Wolfensberger geführt. Im Jahr 2019 war Maria Pomiansky erstmals bei Thomi Wolfensberger im Rahmen eines Druckworkshops der Edition VFO. Seither hat die Künstlerin weitere Lithografien in der Steindruckerei produziert.

Auf der Vorderseite (links) ist das «Haus zum Wolfsberg» an der Bederstrasse 109 abgebildet, das ab 1909 als Geschäfts- und Wohnhaus erbaut wurde und zwischen 1911 und 2005 die Druckerei beherbergte. An derselben Adresse befand sich auch der «Kunstsalon Wolfsberg», eine der ersten Galerien in Zürich. Die Rückseite (rechts) zeigt die heutige Steindruckerei an der Eglistrasse 8 und verbildlicht mit den sich unterhaltenden Figuren die Druckwerkstatt als Ort des kreativen Austausches.